"Um konkurrenzfähig zu sein, muss Gayroyal seinen Mitgliedern auch "Erwachsenen Inhalte" bieten."
M. MiethkeGeschäftsführer von GayRoyal.com Veröffentlicht: 31. Oktober 2008 |
Warum die Gay-Dating-Szene in Deutschland zwar ein riesiges Publikum hat, schwule Datingseiten aber mit vielen Rechtshürden zu kämpfen haben, erläutert GayRoyal Geschäftsführer Miethke in einem hochinteressanten Gespräch. Wir erfahren interessante Ansichten über die deutsche Online-Schwulenszene oder die Unterschiede zwischen gay-Dating und gay-Partnervermittlung - lesen Sie selbst!
Traditionell ist der Übergang zwischen nicht erotischen und sexualisierten Inhalten bei schwulen Sites fließend. Die klare Trennung, die da bei heterosexuellen Angeboten gerade auch bei Ihnen in Deutschland gemacht wird, gibt es bei uns so gut wie nicht.
Herr Miethke, wir freuen uns, dass wir Sie hier in Maastricht treffen dürfen - unser erster Kontakt zur Gay-Dating-Szene. Warum sind die großen deutschen Plattformen in die Niederlande umgezogen?
GayRoyal ist vor zwei Jahren nicht nach Maastricht "umgezogen". Vielmehr hatte das deutsche Unternehmen, das gayroyal.de betrieben hat, aus rechtlichen Gründen seinen Betrieb eingestellt. Wir haben dann die Restbestände aufgekauft und sind mit GayRoyal.com aus den Niederlanden wieder online gegangen. Es hat schon früh enge Verbindungen von GayRoyal nach Maastricht und Amsterdam gegeben. Schließlich wird hier schon seit über 5 Jahren für GayRoyal programmiert.
Was meinen Sie mit "rechtlichen Gründen"?
Um als Gay-Dating-Portal konkurrenzfähig zu sein, müssen wir unseren Mitgliedern einen schnellen Zugang auch zu den "Erwachsenen-Inhalten" bieten, so wie dies auch alle anderen großen schwulen Datingsites tun. Ohne komplizierte und teure Anmelde- und Verifikationsprozeduren, wie sie in Deutschland inzwischen Pflicht sind. Denn für die gibt es leider keine Akzeptanz bei den Usern, auch nicht bei den deutschen.
Das heißt in letzter Konsequenz: Ohne diesen Neuanfang von hier aus würde es GayRoyal heute nicht mehr geben. Zum Glück ist in Holland Sexualität immer noch etwas, was erst mal schön ist und Spaß macht und nicht etwas, was als potentiell Unanständiges oder gar Kriminelles streng reglementiert werden muss.
Von einer reinen Erotikseite kann übrigens trotz "Erwachsenen-Inhalten" keine Rede sein. Traditionell ist der Übergang zwischen nicht erotischen und sexualisierten Inhalten bei schwulen Sites fließend. Die klare Trennung, die da bei heterosexuellen Angeboten gerade auch bei Ihnen in Deutschland gemacht wird, gibt es bei uns so gut wie nicht. Trotzdem ist es so, dass die meisten User GayRoyal.com nutzen, ohne auf die erotischen Inhalte zuzugreifen.
Wie ist denn Ihrer Meinung nach die Online-Schwulenszene in Deutschland aufgeteilt?
Die größte Seite für den deutschen Markt ist wie wir auch schon einige Zeit in den Niederlanden ansässig. An zweiter Stelle stehen wohl wir in der Usergunst. Dann gibt es noch diverse weitere Sites, die sich teilweise an spezielle schwule Gruppierungen richten, in der Regel aber ihren Ursprung nicht in Deutschland haben. Die Anzahl der Angebote steigt ständig, die Qualität nicht immer.
Wir haben uns ehrlich gesagt gewundert, dass man die führenden Gay-Dating-Portale kostenlos nutzen kann…
Das hat sich in Deutschland so entwickelt, nicht zuletzt durch die Konkurrenz zwischen GayRoyal und gayromeo. Schon die englischen Seiten sind deutlich restriktiver und in der Regel auch teurer, von den amerikanischen ganz zu schweigen, wo man nur wenig tun kann ohne zu zahlen.
Natürlich haben wir dafür gesorgt, dass es neben den umfangreichen kostenlosen Optionen bei GayRoyal, sich trotzdem richtig lohnt mit dem Premium Account XL zu surfen. Viele praktische Möglichkeiten vom Nachrichtenverlauf zu jedem User über 2 Wochen bis zur Videoflatrate machen das sehr komfortabel, bunter und unterhaltsamer.
Wie sehen Sie schwule Partnervermittlungen à la "gay2gether" und "gay-parship"?
Die Szene, die bei uns aktiv ist, würde von langen Fragebögen und unspontaner, datenbankbasierter Vermittlung gelangweilt sein. Außerdem glaube ich, das man schnell erkennt, wie der Mann gestrickt ist, mit dem man gerade chattet. Hat er sich ein bisschen Mühe mit seinem Profil gegeben, hat er Bilder bzw. Videos von sich oder versteckt er sich, schreibt er fehlerfrei oder nicht, ist er verbindlich oder das Gegenteil davon. Da würde ich mich doch immer eher auf meinen gesunden Menschenverstand verlassen, als auf psychologische Fragebögen...
Mal abgesehen davon, dass sich diese Seiten ihre Psychologie teuer bezahlen lassen.
GayRoyal.com ist schließlich auch kein ausschließliches Eheanbahnungsinstitut sondern eine Social Network Seite für schwule und bisexuelle Männer. Viele User sind bei GayRoyal online, um ihre ganz alltägliche Kommunikation mit Freunden zu erledigen (mailen ist eben billiger als sms schreiben), sich in Interessen-Communities zu treffen oder einfach nur zu chatten oder Videos anzusehen.
Worin unterscheidet sich GayRoyal von GayRomeo?
Es gibt da Unterschiede in der Nutzerstruktur, der Programmlogik und natürlich bei den Features. Unsere Community ist im Mittel erwachsener, was sich zum Glück auch positiv auf die Kommunikationsqualität auswirkt. GayRoyal bevorzugt eine flache Programmstruktur. Egal, wo man sich gerade im Programm befindet - alles ist auf kürzesten Wegen zu erreichen, ohne dass man verschlungene Pfade klicken muss, bis man an gut versteckte Funktionen kommt. Wer gerne Uservideos ansieht oder in Echtzeitchatrooms chatten möchte, die man auch selber anlegen kann, ist sicher besser aufgehoben bei GayRoyal. Die Videofunktion ist vergleichbar mit der von youtube und es stehen gut 18.000 Clips zur Verfügung. Klar, dass man da auch nach Inhalten suchen kann.
Wie funktioniert das Marketing im Gay-Dating?
Wir wachsen in der Tat hauptsächlich durch Mundpropaganda. Das, was sich im Hetero-Dating bewährt hat, also zum Beispiel Google-Werbung, Banner oder TV-Spots, ist in unserer Branche eher die Ausnahme. Dazu kommt, dass klassische Werbung in Magazinen teuer ist, bei eher zweifelhaftem Erfolg.
Wie beschreiben Sie einem Neuling das durchschnittliche GayRoyal-Mitglied?
Zu etwa 60 % kommt der Durchschnitts-GayRoyal-User aus dem deutschsprachigen Raum. Er ist 35 Jahre alt und fühlt sich wohl zwischen richtigen Männern, die auch schon mal behaart sein dürfen und wo eine stattliche Statur kein Grund ist, von der Brücke zu springen. Im schwulen Jargon würde man GayRoyal als "bärig" bezeichnen, aber es ist offen für alle und so gibt es vom Boy über den Skin bis zum Daddy das gesamte schwule Spektrum. Darüber hinaus sind erstaunlich viele bisexuelle Männer online. Auch die fühlen sich bei GayRoyal wohl, denn es erlaubt ihnen sich inkognito zwischen den Welten zu bewegen.
Das wäre unsere nächste Frage: Geht es immer um den schnellen Sex?
Oh, um das zu beantworten, müsste ich etwas weiter ausholen: Erst mal glaube ich, dass sich der heterosexuelle Mann bei seinen sexuellen Bedürfnissen nur in einem Punkt vom schwulen Mann unterscheidet, nämlich in der Wahl des präferierten Geschlechts.
Es gibt wissenschaftliche Untersuchungen darüber, wie lange sich ein Heteromann im Durchschnitt ziert, bis er auf ein eindeutiges Angebot einer Frau eingeht. Die Ergebnisse aller dieser Untersuchungen sind für Monogamisten wenig ermutigend. Ralf König hat mal in einem seiner Comics sinngemäß geschrieben, dass wenn es in Braunschweig einen Park geben würde, wo sich des Nachts erregte Frauen an ihren Geschlechtsorganen reiben, man eine neue Autobahnabfahrt bauen müsste, um dem zusätzlichen "Verkehr" Herr zu werden.
Will sagen, es geht ALLEN Männern oft um den schnellen Sex. Der schwule Mann hat eben den Vorteil, dass er davon ausgehen kann, dass sein Gegenüber dasselbe will wie er, und daher wird ein eher offenerer Umgang miteinander gepflegt, als vielleicht in einer Heterobeziehung. Fragen sie doch mal ihre Gattin was sie zu einem Dreier sagen würde. Für 80 % aller Mann-Frau-Beziehungen wäre das der Todesstoß.
Aber es geht keineswegs immer um den schnellen Sex. Wie ich eben schon mal gesagt habe, nutzen viele User GayRoyal als Kommunikationsmedium und greifen gar nicht auf erotische Inhalte zurück. Deshalb gibt es auch jede Menge Mitglieder, die ganz klar schreiben "Sex, nein danke" oder "Ich suche eine langfristige Beziehung".
Wie lange würde ich brauchen, wenn ich via GayRoyal schnellen Sex wollte?
Wenn Sie sich als Neuling ein Profil mit einem netten Foto anlegen, läuft das direkt über die Startseite. Rechnen Sie mit 300 Profilbesuchern in sehr kurzer Zeit, die Ihnen bei Gefallen ein Smiley (Sympathie) oder Dickie ("Du bist geil") schicken. Wenn sie nicht gerade auf einer Bohrinsel wohnen, werden Sie kaum 20 Minuten brauchen…
Hat das Internet mit diesen krassen Möglichkeiten die Schwulenszene verändert?
Diese "krassen" Möglichkeiten gibt es für die Heteros ja auch und Millionen nutzen sie. Aber zurück zur Schwulenszene. Ganz eindeutig gibt es Veränderungen. Selbst in großen Städten wie London, Amsterdam oder Hamburg leidet die klassische Homo-Gastronomie unter dem Online-Dating. Wo früher noch ordentlich was los war, garantiert heute höchstens noch eine "Happy hour" oder ähnliches für ein volles Haus unter der Woche. Sich online zu verabreden ist neben anderen Vorteilen ganz einfach kostengünstiger als richtig auszugehen.
Und ich finde, dass die Gastronomie die Herausforderungen durchs Internet zu spät erkannt hat und wenig neue Ideen dem gegenüber gesetzt hat.
Abschließend unsere Standardfrage: Wo sehen Sie GayRoyal in fünf Jahren?
In den nächsten Monaten launchen wir das größte Update in unserer Geschichte. Gerade international wollen wir mit unseren neuen Entwicklungen punkten. Und wir sind sehr guten Mutes, dass die User lieben werden, was da kommen wird! Wir wollen mit GayRoyal auch weiterhin der Trendsetter in Sachen Technologie sein, so wie bisher. Videos gibt es bei GayRoyal seit 2003 und auch bei der Integration von Google Maps war GayRoyal im schwulen Dating der Vorreiter. Ich gehe davon aus, dass das so bleibt.
Herr Miethke, wir danken Ihnen für das Gespräch!
Wer hat das Interview "GayRoyal.com" geführt?
Pamela Moucha arbeitet in der Test-Redaktion und verliebt sich gelegentlich beim Pilzesuchen im Wald.