"Ein Vorteil des Online Flirtens: man kann jemanden kontaktieren, ohne gleich einen Korb zu kriegen."

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interview mit Dr. Marcus Damm von Dr. Marcus Damm

Dr. Marcus Damm

Buchautor zu den Themen Flirten, Partnersuche, Partnerschaft

Veröffentlicht: 23. März 2004

Vom Buchautor zu den Themen Flirten, Partnersuche und Partnerschaft Dr. Marcus Damm wollten wir wissen, welche klassischen Phasen Sie und ER normalerweise in einer positiv verlaufenden Alltags-Flirtsituation, z.B. in der Kneipe, durchlaufen und aus welchen Gründen ein Flirtversuch glückt - oder eben in die Hose geht. Im Gespräch erfuhren wir Wissenswertes über "Schleimtypen" und andere Flirtbesonderheiten.



Der Flirt beginnt mit einem Blick in die Augen eines anziehenden Gegenübers. Gefalle ich meinem Flirtpartner, äußerlich betrachtet, dann zeigt dieser, je nach eigenem Geschlecht, typische Verhaltensweisen.

Herr Dr. Damm, Sie beschäftigen sich seit einigen Jahren wissenschaftlich und als erfolgreicher Buchautor mit dem Thema "Flirten". Welche Phasen durchläuft man normalerweise in einer positiv verlaufenden Alltags-Flirtsituation, z.B. in der Kneipe?

Der Flirt zwischen Menschen folgt bestimmten beschreibbaren Gesetzen, die überwiegend jedem angeboren und selbstverständlich den Beteiligten nicht unmittelbar bewusst sind.

Bei einem erfolgreichen Flirt-Ritual – damit meine ich die Kompetenz zum Augenkontakt, Gespräch usw. – wird zu Beginn in der Regel das Erscheinungsbild und die Körpersprache zum Nonplusultra. Der Flirt beginnt mit einem Blick in die Augen eines anziehenden Gegenübers. Gefalle ich meinem Flirtpartner, äußerlich betrachtet, dann zeigt dieser, je nach eigenem Geschlecht, typische Verhaltensweisen, d.h. geschlechtsspezifische Körpersprache.

Nach der Aufmerksamkeitsphase, also die eben dargestellte, wird im Allgemeinen die räumliche Entfernung verkürzt (Phase der Annäherung), dann spricht einer der beiden das Gegenüber an (Phase des verbalen Flirts). Für das Gespräch sollten sich beide(!) mehr oder weniger optisch reizend oder sympathisch finden. Beim Flirtgespräch, der letzten Phase also, entscheidet die grundlegende Motivation beider (!) Partner, in welcher Art der Flirt weitergeführt wird, z.B. Partnersuche, Onenightstand, Verkaufsgespräch usw.
Fassen wir zusammen: Der erfolgreiche Flirt, der beispielweise zum Ziel hat, mit dem Gegenüber intim zu werden, beginnt mit einem interessierten Blickwechsel und endet beim Kuss. Sex hat nicht mehr viel mit Flirten zu tun, dann überwältigt die Leidenschaft...


Was sind die Hauptgründe dafür, dass ein Flirt nicht zum Erfolg führt? In welcher Phase kommt es am häufigsten zum Abbruch?

Erfolg beim Flirten ist relativ, d.h. stets abhängig von meiner Motivation und Zielsetzung. Es kommt, wie gesagt, immer darauf an, was für einen Anreiz ich gerade habe, mit diesem oder jenen Menschen zu flirten. (Meistens ist übrigens die sexuelle Triebfeder beim Flirten im Alltag präsent, meist unbewusst.)

Einige Menschen, beispielsweise in der freien Industrie, flirten mit den Vorgesetzten, um Karriere zu machen, d.h. sie flirten egoistisch-motiviert, sie schleimen (auch eine Art des Flirtens). Ein anderer flirtet mit seinen Mitmenschen, unabhängig davon, ob sie ihm irgendeinen Nutzen bringen oder nicht, weil es schlicht und einfach seinem Naturell entspricht (Flirt aus uneigennütziger Menschenliebe) usw. Dieser oder jener Flirt wird wie auch alle anderen Flirtarten dann scheitern, wenn das Gegenüber nicht flirten und/ oder mitagieren will, d.h. abblockt.

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Zum Abbruch. Flirts, die darauf abzielen, einen Mitmenschen dauerhaft für sich zu begeistern, d.h. Flirts, die eine Partnerschaft begründen sollen, scheitern meistens bereits nach drei Sekunden. So lange bzw. so kurz ist der für alles weitere verantwortliche Zeitraum. In diesen drei Sekunden entsteht bereits ein positives, negatives oder gleichgültiges Urteil über einen Mitmenschen. Wir denken schließlich leider so ziemlich alle in Schubladen. Wegen der Relevanz des Äußeren sollten wir immer darauf bedacht sein, egal ob Mann oder Frau, auf unser Erscheinungsbild zu achten. Denn: Never get a second chance to make a first impression!


Die "klassische Flirtforschung" geht von einer Situation im realen Leben aus. Immer mehr Singles versuchen ihr Glück aber neuerdings über das Internet. Wie unterscheidet sich hier der Ablauf des Flirts? Und gibt es beim Online-Flirt nicht ganz andere Erfolgsfaktoren?

Der Hauptunterschied ist der, dass man beim Online-Flirt – ich meine das Chatten – das Gegenüber nicht unmittelbar "erlebt", d.h. körpersprachlich, oft auch von der Ausstrahlung her nicht viel mitbekommt. Dafür wird gleich zu Beginn das sprichwörtliche Süßholz geraspelt. Weitere Unterschiede: Auch wird die erste Phase des Flirts, die Aufmerksamkeitsphase, umgangen. Das kann gut, aber auch nachteilig sein.

Das ändert sich ja dann, wenn Pics getaucht werden. So habe ich das ja früher auch gemacht; ich war mal begeisterter Chatter.
Dates, bei denen vorher Bilder getauscht wurden, sind sehr spannend, die Hormone spielen verrückt. Ich empfehle übrigens, dass Chatter stets Bilder tauschen sollten, denn Blind-Dates gehen des Öfteren deshalb in die Hose, weil man den anderen vorher nicht gesehen hat und trotzdem unbewusst zum Idealpartner, auch äußerlich, geträumt hat.

Ein Vorteil des Online-Flirtens ist, dass man relativ gefahrlos jemanden kontaktieren kann: es gibt nicht so schnell einen Korb. Außerdem geht aus den Forschungsdaten hervor, dass auch ein nicht geringer Prozentsatz von Blind-Date-Kandidaten stabile Partnerschaften erlebt.


Wer sich im Internet sympathisch findet, strebt nach einigen Flirt-E-Mails und Telefonaten ja irgendwann das erste "richtige" Treffen an. Werden dort dann einige Phasen des "klassischen Flirts" nachgeholt?

Alle Phasen werden nachgeholt – hoffentlich. Denn, wie gesagt, egal wie viele Flirt-E-Mails geschrieben, Telefonate getätigt wurden: Die ersten drei Sekunden des ersten Anblicks in der Realität entscheidet über die ganze Angelegenheit! Drum habe ich eben ja geraten, Pics zu tauschen. Sollten diese auf beidseitiges Wohlwollen stoßen, steht den Phasen des Flirts, die allesamt beim ersten Date nachgeholt werden, nicht viel im Wege. – Vielleicht, wie sonst auch, unerwünschte Charaktereigenschaften, die zutage treten, bremsen den Flirt.


Das müsste ja eigentlich zu einer hohen Quote an gescheiterten Date-Versuchen führen. Eine Studie der Universität Zürich zeigte aber, dass rund 25% der Nutzer eines großen Kontaktanzeigen-Portals tatsächlich online eine Beziehung gefunden haben. Und 16% gaben sogar an, sich schon im Internet verliebt zu haben. Wie erklären sich die Flirt-Forschung das?

Wir erklären das damit, als das Menschen, die sich zum ersten Mal bei einem Date sehen, sich auch optisch gefallen können, was ja im Allgemeinen eine Bedingung für eine gemeinsame Zukunft ist. Im Internet sind außerdem viele Menschen unterwegs, die gezielt einen Partner suchen und sich z.B. am Abend bewusst Zeit zum Chatten nehmen. Der Mensch im Alltag wird durch viele Einflüsse verwirrt und kann sich häufig nicht so gut auf die Partnersuche konzentrieren wie der Chatter oder die Chatterin. Verlieben im Internet geht übrigens genauso schnell wie auch beim Chat.


Zu Ihrer Person: Sie sind jetzt knapp 30 Jahre alt, geben als Familienstand aber immer noch "ledig" an - als Flirtexperte... Haben Sie selbst es schon mal über das Internet probiert?

Ja, ich habe bis vor fünf Jahren ausgiebig im Internet geflirtet, d.h. in Chats. Ich hatte insgesamt 11 Dates von Süd- bis Norddeutschland, und ich muss sagen, es hat mir sehr viel Spaß gemacht. Mit dem Wochenend-Ticket bin ich damals durch die Republik gefahren. In der Tat ist das Chatten ja deshalb so reizvoll, weil man einfach drauflos flirten kann, von zu Hause aus. Leider wird zu schnell idealisiert, also unbewusstermaßen der Chatpartner zum Traumpartner konstruiert, ein zweischneidiges Schwert.

Zum meinem Single-Dasein: Verheiratet zu sein ist kein anstrebenswerter Zustand für mich. Ich muss nicht verheiratet sein, um mit einer Partnerin glücklich zu sein.


Herr Dr. Damm, wir danken Ihnen herzlich für das Gespräch!


Wer hat das Interview "Dr. Marcus Damm" geführt?

Pamela Moucha arbeitet in der Test-Redaktion und verliebt sich gelegentlich beim Pilzesuchen im Wald.

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